Überblick über die Gesetze der spiritistischen Phänomene
Aus dem Buch „Der Spiritismus in seinem einfachsten Ausdruck“ von Allan Kardec
Kundgaben der Geister
10. Die Geister können sich auf viele und verschiedene Arten kundgeben: durch das Gesicht, Gehör, Gefühl, durch Geräusch, Bewegungen von Körpern, durch Schrift, Zeichnen, Musik und dergleichen. Sie offenbaren sich durch die Vermittlung von für jede Gattung der Mitteilungen mit einer besonderen Fähigkeit begabten Personen, die man unter dem Namen „Medien“ bezeichnet. So unterscheidet man: sehende, sprechende, hörende, fühlende, zu physischen Wirkungen geeignete, zeichnende, klopfende, schreibende und andere Medien. Unter den schreibenden Medien gibt es zahlreiche Verschiedenheiten, je nach der Beschaffenheit der Mitteilungen, die sie zu empfangen tauglich sind.
11. Das Fluidum, aus welchem das Perisprit besteht, dringt durch alle Körper, und zwar wie das Licht die durchsichtigen Körper durchdringt; kein Stoff bietet ihm ein Hindernis. Deswegen dringen die Geister überall, selbst in die hermetisch verschlossenen Orte ein; es ist lächerlich zu glauben, dass sie sich durch eine kleine Öffnung, wie durch ein Schlüsselloch oder durch den Kamin einführen.
12. Das Perisprit, obgleich im normalen Zustand für uns unsichtbar, ist darum nicht weniger eine ätherische Materie. Der Geist kann in gewissen Fällen machen, dass es eine Art molekulare Veränderung eingeht, die ihn sichtbar und sogar fühlbar werden lassen, so entstehen die Erscheinungen. Dieses Phänomen ist nicht außerordentlicher als das des Dunstes, der, wenn er sehr dünn, unsichtbar ist, und sichtbar wird, wenn er sich verdichtet.
Die Geister, welche sich sichtbar machen, zeigen sich beinahe immer unter den Formen, die sie während ihres Lebens besaßen und die sie kenntlich machen können.
13. Mittels seines Perisprits wirkte der Geist auf seinen lebenden Körper; mittels dieses selben Fluidums offenbart er sich auch, indem er auf die träge Materie einwirkt, bringt er das Geräusch, die Bewegungen von Tischen und anderen Gegenständen hervor, die er in die Höhe hebt, umstürzt oder fort trägt. Diese Erscheinung hat nichts Überraschendes an sich, wenn man berücksichtigt, dass, unter uns, die mächtigsten Motoren sich in den dünnsten und sogar unwägbaren Fluida befinden, wie Luft, Dunst, Elektrizität.
Mit Hilfe ebenfalls seines Perisprits lässt der Geist die Medien schreiben, sprechen oder zeichnen; da er keinen fühlbaren Körper hat, um, wenn er sich offenbaren will, für uns wahrnehmbar zu handeln, so bedient er sich des Körpers des Mediums, dessen Organe er borgt, und das er so wirken lässt, wie wenn es sein eigener Leib wäre, und zwar durch das Fluidum, welches er über dasselbe ausströmt.
14. In dem mit dem Namen sich bewegender oder sprechender Tische bezeichneten Phänomene wirkt der Geist durch das nämliche Mittel auf den Tisch ein, um ihn entweder ohne bestimmte Bedeutung in Bewegung zu setzen, oder um ihn intelligente Schläge machen zu lassen, die auf Buchstaben des Alphabets hinweisend, Wörter und Sätze bilden, eine Erscheinung, die Typtologie (Klopfsprache) genannt wird. Der Tisch ist dabei nur ein Werkzeug, dessen er sich wie des Bleistifts zum Schreiben bedient; er verleiht ihm eine momentane Lebenstätigkeit durch das Fluidum, mit dem er ihn durchdringt, allein er identifiziert sich nicht mit ihm. Die Personen, welche bei Kundgabe eines ihnen teueren Wesens in ihrer Anregung den Tisch küssen, begehen eine lächerliche Handlung, denn es ist gerade so, wie wenn sie den Stock eines Freundes küssten, womit derselbe klopft. Ebenso verhält es sich mit denen, die den Tisch anreden, als wäre der Geist im Holz eingeschlossen, oder das Holz Geist geworden.
Wenn Mitteilungen durch dieses Mittel stattfinden, muss man sich den Geist nicht im Tisch, sondern neben demselben vorstellen, sowie er im Leben war und wie man ihn sehen würde, wenn er sich in diesem Augenblick sichtbar machen könnte. Dasselbe findet in den Mitteilungen durch die Schrift statt: man würde den Geist an der Seite des Mediums sehen, wie er dessen Hand leitet, oder ihm seinen Gedanken durch einen fleißigen Strom überträgt.
15. Wenn der Tisch sich vom Boden trennt und ohne Stütze im Raum schwebt, hebt der Geist denselben nicht kraft seiner Arme, sondern er umhüllt und durchdringt ihn mit einer Art fluidaler Atmosphäre, welche die Wirkung der Schwere neutralisiert, wie es die Luft mit den Luftballons und den Papierdrachen tut. Das Fluidum, womit er durchdrungen ist, gewährt ihm für den Augenblick eine größere spezifische Leichtigkeit. Wenn er an den Boden genagelt ist, befindet er sich in einem Fall, ähnlich dem der pneumatischen Glocke, unter welcher man die Luft ausgepumpt hat. Es sind dies nur Vergleiche, um die Analogie der Wirkungen, nicht aber die absolute Ähnlichkeit der Ursachen zu zeigen.
Man begreift hiernach, dass es für den Geist nicht schwerer ist, eine Person als einen Tisch vom Boden zu heben, einen Gegenstand von einem Ort an einen anderen zu versetzen, oder ihn wohin zu schleudern; diese Phänomene finden nach einem und demselben Gesetz statt.
Wenn der Tisch Jemanden verfolgt, ist es nicht der Geist, welcher läuft, denn er kann ruhig an seinem Platz bleiben, aber er ist der, welcher dem Tisch den Impuls durch einen fluidalen Strom gibt, mittels dessen er ihn nach seinem Gutdünken bewegt.
Wenn sich Schläge im Tisch oder anderswo hören lassen, so klopft der Geist weder mit seiner Hand noch mit irgendeinem Gegenstand; er richtet auf den Punkt, von dem das Geräusch ausgeht, einen Strahl Fluidum, der die Wirkung eines elektrischen Schlages hervorbringt. Er ändert das Geräusch, wie man den von der Luft hervorgebrachten Schall verändern kann.
16. Die zur Hervorbringung gewisser physischer Wirkungen notwendige Dunkelheit leistet ohne Zweifel dem Verdacht und Betrug Vorschub, beweist aber nichts gegen die Möglichkeit der Tatsache. Man weiß, dass es in der Chemie Verbindungen gibt, die beim Licht sich nicht bewerkstelligen können, dass Verbindungen und Zersetzungen unter der Einwirkung des Lichtfluidums stattfinden; da nun alle spiritistischen Phänomene das Ergebnis der Verbindung der dem Geist und dem Medium eigenen Fluida ist, und diese Fluida Materie sind, so ist nichts erstaunliches daran, dass in gewissen Fällen das Lichtfluidum dieser Verbindung hinderlich ist.
17. Die höheren Geister beschäftigen sich nur mit intelligenten Mitteilungen in Absicht auf unsere Belehrung; die physischen oder rein materiellen Kundgaben liegen ganz besonders in den Eigenheiten der gemeinhin mit dem Namen „Klopfgeister“ bezeichneten niederen Geister, wie unter uns Kunststücke Sache der Marktschreier, nicht aber der Gelehrten sind.
18. Die Geister sind frei, sie offenbaren sich wann sie wollen, wenn es ihnen beliebt und auch wenn sie können, denn es ist ihnen nicht immer möglich. Sie stehen nicht jedem nach seiner Laune oder Befehle zur Verfügung; es kann sie Niemand wider ihren Willen kommen, noch sagen lassen, was sie verschweigen wollen; so dass Keiner zu behaupten vermag, dass irgend ein Geist in einem bestimmten Moment auf seine Aufforderung erscheinen, oder auf die oder jene Frage antworten werde. Wer das Gegenteil sagt, beweist seine vollständigste Unkenntnis der Anfangsgründe des Spiritismus, die Marktschreierei (Scharlatanismus) allein besitzt Quellen der Unfehlbarkeit.
19. Es gibt Personen, welche regelmäßig und gewissermaßen willkürlich gewisse Phänomene hervorbringen können; allein man muss bemerken, dass es immer rein physische, mehr sonderbare als belehrende Wirkungen sind und welche beständig unter analogen Bedingungen hervorgebracht werden. Die Umstände, unter welchen man sie erlangt, sind derart, dass sie einen noch mehr berechtigten Zweifel über ihre Wirklichkeit einflößen, als sie allgemein der Gegenstand einer Ausbeutung sind und es oft schwer ist, die wirkliche Mediumschaft von der Taschenspielerei zu unterscheiden. Erscheinungen dieser Art können jedoch auch das Produkt einer wahren Mediumschaft sein, denn es ist möglich, dass Geister niederer Stufe, die vielleicht im Leben dieses Handwerk getrieben haben, an solchen Produktionen Gefallen finden; es wäre aber albern zu denken, dass nur etwas höhere Geister sich mit derlei Schaustellungen abgeben.
Dieses aber schwächt den Grundsatz von der Freiheit der Geister nicht ab, diejenigen, welche so kommen, tun es, weil es ihnen beliebt, nicht aber, weil sie dazu gezwungen sind, und von dem Augenblick an, wo es ihnen zu kommen nicht mehr passte, würde, wenn das Individuum wirklich Medium ist, keine Wirkung mehr erzielt werden. Die kräftigsten Medien für physische oder andere Wirkungen haben von ihrem Willen unabhängige Zeiten der Unterbrechung. Die Scharlatane haben das nicht.
Übrigens sind diese Phänomene, vorausgesetzt dass sie wirklich sind, nur eine sehr teilweise Anwendung des Gesetzes, welches die Beziehungen der Körperwelt mit der Geisterwelt leiten, machen aber den Spiritismus nicht aus; so dass ihre Inabredestellung die allgemeinen Grundsätze der Lehre in nichts abschwächen würde.
20. Gewisse spiritistische Kundgaben geben sich leicht zu einer mehr oder minder groben Nachahmung her; daraus aber, dass sie, wie so viele andere Phänomene, von der Gaukler- und Taschenspielerkunst haben ausgebeutet werden können, zu schließen, dass sie nicht existieren, wäre absurd.
Für denjenigen, der die normalen Bedingungen, unter welchen sie sich vollziehen können, studiert hat und kennt, ist es leicht die Nachahmung von der Wirklichkeit zu unterscheiden; übrigens kann die Nachahmung nie vollständig sein, und kann nur den Unwissenden täuschen, der unfähig ist, die charakteristischen Schattierungen des echten Phänomens zu fassen.
21. Die Manifestationen, die am leichtesten nachzuahmen sind, sind gewisse physische Wirkungen, und die niederen intelligenten Wirkungen, wie Bewegungen, geklopfte Schläge, Herbeitragungen von Gegenständen, unmittelbare Schrift, allgemeine Antworten usw.; es verhält sich aber nicht so mit den intelligenten Mitteilungen von hoher Einsicht oder mit der Offenbarung von Dingen, die dem Medium offenbar unbekannt sind; zur Nachahmung der ersten braucht man weiter nichts als Gewandtheit; um die anderen nachzuahmen, müsste man beinahe immer ungewöhnliche Kenntnisse, eine außerordentliche Geistesüberlegenheit und eine Fähigkeit sozusagen allumfassender Improvisation oder die Gabe des Wahrsagens besitzen.
22. Die Darstellungen von Gespenstern auf den Theatern sind mit Unrecht als mit den Erscheinungen der Geister in Beziehung stehend angesehen worden, von denen sie nur eine grobe und unvollkommene Nachahmung sind. Man muss mit den ersten Elementen des Spiritismus unbekannt sein, um hierin die geringste Ähnlichkeit zu sehen und glauben zu können, dass man in den spiritistischen Versammlungen sich mit solchen Dingen befasse. Die Geister werden auf Befehl von niemandem sichtbar, sondern durch ihren eigenen Willen und unter besonderen Bedingungen, die hervorzurufen in Macht von niemandem steht.
23. Die spiritistischen Anrufungen bestehen nicht darin, wie einige sich vorstellen, die Toten in ihren Leichengewändern aus ihrem Grab steigen zu lassen. Nur in den Romanen, in den phantastischen Gespenstermärchen und auf dem Theater sieht man die fleischlosen Leichen aus ihren Gräbern steigen, gehüllt in ihre Leichentücher und mit ihren Gebeinen klappernd. Der Spiritismus, der nie Wunder gewirkt, hat eben so wenig jenes, wie andere getan, und nie hat er einen Toten wieder lebendig gemacht; wenn der Leib in der Grube ist, so ist er wohl für beständig darin; aber das geistige, fluidale, intelligente Wesen ist nicht mit seiner groben Hülle hineingelegt worden; es hat sich im Augenblick des Todes von ihr getrennt, und ist die Trennung einmal bewirkt, dann hat es nichts mehr mit ihr gemein.
24. Es hat der übel wollenden Kritik beliebt, die spiritistischen Mitteilungen als umgeben von den lächerlichen und abergläubischen Praktiken der Magie und Totenbeschwörung hinzustellen. Wir werden einfach sagen, dass es, um mit den Geistern zu verkehren, weder Tage, Stunden noch Orte gibt, wovon die einen günstiger dafür wären, als die anderen; dass es zu ihrer Anrufung weder Formeln noch sakramentaler oder kabbalistischer Worte bedarf; dass keine Vorbereitung noch Einweihung dazu nötig ist; dass die Anwendung eines materiellen Zeichens oder Gegenstandes, sei es um sie anzuziehen oder zurückzuweisen, ohne Wirkung ist und dass der Gedanke genügt; endlich dass die Medien ihre Mitteilungen auf eine so einfache und natürliche Weise erhalten, wie wenn sie von einer lebenden Person diktiert würden, ohne aus dem normalen Zustand heraus zu treten. Die Marktschreierei allein könnte ein exzentrisches Benehmen heucheln und demselben ein lächerliches Zugehör hinzufügen.
Die Anrufung der Geister geschieht im Namen Gottes mit Ehrfurcht und Sammlung; dies ist das einzige, was ernsten Leuten empfohlen sei, die in Verkehr mit ernsten Geistern treten wollen.
25. Die intelligenten Kommunikationen, die man von den Geistern erhält, können gut oder schlecht, richtig oder falsch, tief oder seicht sein, je nach der Natur der Geister, die sich kundgeben. Diejenigen, welche von Weisheit und Wissen Beweise geben, sind vorgerückte Geister, welche Fortschritte gemacht haben; die, welche Unwissenheit und schlechte Eigenschaften beweisen, sind noch zurückgebliebene Geister, bei denen aber mit der Zeit der Fortschritt eintreten wird.
Die Geister können nur auf das antworten, was sie nach ihrem erlangten Fortschritt wissen, und überdies was ihnen zu sagen erlaubt ist; denn es gibt Dinge, die sie nicht offenbaren dürfen, weil es den Menschen noch nicht gegeben ist, alles zu erfahren.
26. Aus der Verschiedenheit in den Eigenschaften und Fähigkeiten der Geister geht hervor, dass es nicht genügt, sich an welchen Geist immer zu wenden, um eine auf jede Frage richtige Antwort zu erhalten; denn über viele Dinge kann er nur seine persönliche Meinung abgeben, die richtig oder falsch sein kann. Wenn er vernünftig ist, wird er seine Unkenntnis in dem, was er nicht weiß, eingestehen; wenn er leichtsinnig oder lügnerisch ist, wird er auf alles antworten ohne sich um die Wahrheit zu kümmern; ist er hochmütig, so wird er seinen Gedanken als eine ausgemachte Wahrheit geben. Es wäre also Unklugheit und Leichtsinn, alles, was von den Geistern kommt, ohne Kontrolle anzunehmen. Darum ist es von Wesentlichkeit, über die Natur derjenigen, mit denen man zu tun hat, im Klaren zu sein. (Das Buch der Medien – Nr. 267).
27. Man erkennt die Eigenschaft der Geister an ihrer Sprache: die der wirklich guten und höheren ist immer würdig, edel, logisch, von Widersprüchen frei; sie atmet Weisheit, Wohlwollen, Bescheidenheit und die reinste Moral; sie ist kurz gefasst und ohne unnütze Worte. Bei den untergeordneten, unwissenden oder hochmütigen Geistern wird die Leere der Gedanken beinahe immer durch den Überfluss an Worten ausgeglichen. Jeder augenscheinlich falsche Gedanke, jeder der gesunden Moral widersprechende Grundsatz, jeder lächerliche Rat, jeder rohe, gemeine oder bloß leichtfertige Ausdruck, endlich jedes Zeichen von Übelwollen, Dünkel oder Anmaßung sind bei einem Geist unbestreitbare Merkmale von Niedrigkeit.
28. Der providentielle Zweck der Manifestationen ist die Ungläubigen zu überzeugen, dass mit dem irdischen Leben nicht alles für den Menschen aufhört, und den Gläubigen richtigere Begriffe von der Zukunft zu geben. Die guten Geister kommen, uns in Absicht auf unsere Besserung und unser Fortschreiten zu unterrichten und nicht um uns das zu offenbaren, was wir noch nicht wissen, oder durch unsere eigene Bemühung erfahren sollen. Wenn es genügte die Geister zu befragen, um die Lösung wissenschaftlicher Schwierigkeiten zu erlangen, oder um Entdeckungen und gewinnreiche Erfindungen zu machen, so könnte jeder Unwissende wohlfeil ein Gelehrter und jeder Faule ohne Mühe reich werden; das will aber Gott nicht. Die Geister helfen dem Mann von Geist durch die verborgene Eingebung, aber sie entheben ihn der Arbeit und der Forschung nicht, um ihm deren Verdienst zu lassen.
29. Es hieße von den Geistern einen sehr falschen Begriff haben, wollte man in ihnen Wahrsagergehilfen sehen; die ernsten Geister versagen es, sich mit nichtigen Dingen abzugeben; die leichtsinnigen und spöttischen Geister beschäftigen sich mit allem, antworten auf alles, sagen alles was man will voraus, ohne sich um die Wahrheit zu kümmern und machen sich ein boshaftes Vergnügen daraus, die allzu Leichtgläubigen zu mystifizieren; darum ist es wichtig, über die Beschaffenheit der Fragen, die man an die Geister richten kann, vollkommen klar zu sein. (Das Buch der Medien – Nr. 286: „Fragen, die man an die Geister stellen kann.“)
30. Die Kundgaben sind demnach nicht bestimmt, den materiellen Interessen zu dienen, deren Sorge dem Verstand, der Beurteilung und der Tätigkeit des Menschen überlassen ist. Vergebens würde man versuchen, sie dazu zu verwenden, um die Zukunft kennen zu lernen, verborgene Schätze zu entdecken, Erbschaften zu erlangen oder die sich zu bereichernden Mittel zu finden. Ihr Nutzen besteht in den moralischen Folgen, die daraus erfließen; wäre aber ihr Resultat auch nur die Kenntnis eines neuen Gesetzes der Natur, der materielle Beweis von der Existenz der Seele und ihrer Unsterblichkeit, so wäre dies schon viel, denn dies wäre ein der Philosophie eröffneter breiter, neuer Weg.
31. Aus diesen wenigen Worten kann man ersehen, dass den spiritistischen Kundgaben, wie sie auch beschaffen sein mögen, nichts übernatürliches noch wunderbares an sich haben. Es sind Phänomene, die kraft des Gesetzes hervorgebracht werden, welches die Beziehungen der körperlichen und geistigen Welt leitet, eines Gesetzes, das eben so natürlich als das der Elektrizität, der Schwere usw. ist. Der Spiritismus ist die Wissenschaft, welche uns dieses Gesetz kennen lehrt, wie die Mechanik uns das der Bewegung, die Optik das des Lichtes lehrt. Da die spiritistischen Kundgaben in der Natur liegen, so haben sie zu allen Zeiten stattgefunden; das Gesetz, welches sie regiert, einmal erkannt, erklärt uns eine Menge für unlöslich angesehener Probleme, es ist der Schlüssel für eine Menge von Erscheinungen, die durch den Aberglauben ausgebeutet und vergrößert worden sind.
32. Nachdem das Wunderbare vollständig entfernt ist, so haben diese Phänomene nichts mehr, was der Vernunft widerstrebt, denn sie nehmen jetzt ihre Stelle neben den anderen Naturerscheinungen ein. In den Zeiten der Unwissenheit wurden alle Wirkungen, deren Ursache man nicht kannte, für übernatürlich gehalten; die Entdeckungen der Wissenschaft haben allmählich den Kreis des Wunderbaren beschränkt; die Kenntnis dieses neuen Gesetzes vernichtet ihn gänzlich. Diejenigen also, die den Spiritismus beschuldigen, dass er das Wunderbare wieder erwecke, beweisen schon dadurch, dass sie von einer Sache sprechen, die sie nicht kennen.