Überblick über die Gesetze der spiritistischen Phänomene
Aus dem Buch „Der Spiritismus in seinem einfachsten Ausdruck“ von Allan Kardec
Von den spiritistischen Versammlungen
39. Die Geister werden durch die Sympathie, die Ähnlichkeit der Neigungen und der Charaktere (Affinität), die Absicht, die ihre Anwesenheit erwünscht sein lässt, angezogen. Die höheren Geister geben eben so wenig in unnütze Versammlungen, wie ein Gelehrter aus der Erde in eine Gesellschaft junger Unbesonnener gehen würde. Der bloße gesunde Menschenverstand sagt schon, dass es nicht anders sein kann; oder wenn sie zuweilen hingehen, so geschieht es, um einen heilsamen Rat zu geben, Laster zu bekämpfen, zu trachten, auf den guten Weg zurückzuführen; wenn sie kein Gehör finden, ziehen sie sich zurück. Es wäre eine vollständig falsche Idee zu glauben, die ernsten Geister fänden ein Wohlgefallen daran, auf ein leeres Geschwätz, auf müßige Fragen zu antworten, die weder Anhänglichkeit, noch Achtung für sie, noch den wirklichen Wunsch sich zu belehren beweisen, und noch weniger, dass sie kommen möchten, zur Belustigung der Neugierigen sich öffentlich zur Schau zu stellen. Sie hätten es bei ihren Lebzeiten nicht getan, sie können es nach ihrem Tode nicht tun.
40. Die Leere der Versammlungen hat das Ergebnis, dass sie die leichtsinnigen Geister anzieht, welche nur die Gelegenheit suchen, zu tauschen und zu foppen. Aus demselben Grunde, aus welchem gesetzte ernste Männer nicht in die leichtsinnigen Gesellschaften gehen, gehen auch die ernsten Geister nur in die ernsten Versammlungen, deren Zweck die Belehrung, nicht die Neugierde ist; in den Zusammenkünften dieser Art geben die höheren Geister mit Wohlgefallen ihre Unterweisungen.
41. Aus dem Vorhergehenden ergibt sich als erste Bedingung, damit eine spiritistische Zusammenkunft nutzbringend werde, dass sie ernst und gesammelt sei; dass darin alles achtungsvoll gewissenhaft und mit Würde vor sich gehe, wenn man den gewohnten Beistand der guten Geister erhalten will. Man darf nicht vergessen, dass, wenn diese Geister während ihres Lebens da aufgetreten wären, man ihnen Rücksichten bewiesen hätte, auf welche sie nach ihrem Tode noch ein größeres Recht haben.
42. Vergebens führt man den Nutzen gewisser auffallender, leerer und unterhaltender Experimente an, um die Ungläubigen zu überzeugen: man gelangt gerade zu einem entgegen gesetzten Ergebnis. Der Ungläubige, der über die heiligsten Glaubenspunkte, schon zu spotten geeignet ist, kann in dem, woraus man einen Scherz macht, nichts ernstes sehen: er kann nicht dahin gebracht werden, das zu achten, was ihm nicht auf eine achtbare Weise vorgestellt wird; auch nimmt er aus den leichtsinnigen, leeren Versammlungen, aus denen, worin weder Ordnung, noch Ernst, noch Sammlung herrscht, immer einen schlechten Eindruck mit. Was ihn besonders zu überzeugen vermag, ist der Beweis der Gegenwart von Wesen, deren Andenken ihm teuer ist; vor ihren ernsten, feierlichen Worten, vor ihren innigen Offenbarungen sieht man ihn erschüttert werden und erblassen. Aber eben dadurch, dass er vor der Person, deren Seele sich ihm ankündet, mehr Achtung, Verehrung und Anhänglichkeit hat, wird er verletzt, nimmt er Ärgernis daran, sie in einer unachtbaren Gesellschaft, zwischen tanzenden Tischen und albernen Witzen leichtsinnige Geister zu sehen; so ungläubig er ist, weist sein Gewissen dieses Bündnis des Ernsten mit dem Leichtfertigen, des Religiösen mit dem Gemeinen zurück; darum betrachtet er dies alles als Gaukelei, und geht oft weniger überzeugt fort, als er gekommen ist.
Versammlungen dieser Art stiften mehr Übel als Gutes, denn sie entfernen von der Lehre mehr Personen als sie ihr zuführen, abgesehen davon, dass sie eine Blöße dem Tadel der Schmäher bieten, die in solchem Vorgehen wohlbegründete Ursachen zum Spotte finden.